Die richtige Ernährung nach einer bariatrischen OP

Nach einer bariatrischen Operation muss die Ernährung langsam wieder aufgebaut werden, um unangenehme Folgen zu vermeiden. Durch den verkleinerten Magen nach einer Magen-OP entstehen neue Anforderungen an die Ernährung und Eiweißzufuhr.

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Kategorie: Bariatrische Operationen - MMK

8 Min. Lesezeit
Eine junge, übergewichtige Frau bereitet in der Küche einen Salat zu. Vor Ihr auf der Arbeitsfläche steht ihr Laptop.

Wie wird die Ernährung nach einer bariatrischen Operation aufgebaut?

Der Kostaufbau wird individuell nach Verträglichkeit geplant.

Während der Ernährungstherapie nach einer Magen-Operation ist zu berücksichtigen:

  • Essen und Trinken trennen: 30 Minuten vor und nach den Mahlzeiten Trinkpause einplanen
  • Mindestens 1,5-2,0 l/Tag trinken
  • Schluckweise in kleinen Schlucken trinken, keine sehr heiße oder sehr kalte Getränke, nicht mehr als 100 ml auf einmal
  • Kohlensäurefreie und Getränke mit wenig Säure wählen
  • Vermeiden: kalt- heiß – sauer – scharf – sehr fetthaltig – blähend
  • Konsistenz beachten: grobfaserige Lebensmittel (Bsp.: Spinat, Spargel – jedoch fein püriert oder als Spargelcremesuppe möglich), Kerne, zu feste/pampige Speisen vermeiden
  • Rohes Gemüse, Zwiebeln, Knoblauch und faseriges oder saures Obst (Bsp.: Zitrusfrüchte, Ananas) vermeiden
  • Eiweißreiche Lebensmittel sind zu bevorzugen, zu jeder Mahlzeit etwas Eiweißreiches einplanen
  • Zuckerreiche Lebensmittel und Getränke einschränken
  • Fettarme Lebensmittel bevorzugen

Ernährungsplan für den Kostaufbau nach einer Magen-Operation

Ernährungsplan nach einer Magen-OP

Zeitpunkt

Essensplan

1. Tag

Wasser ohne Kohlensäure, Tee, Bouillon

2.-3. Tag

Speisen mit breiiger/cremiger Konsistenz ohne feste Stücke/Fasern

Beispiel: Joghurt/Milchbreie/Quarkspeisen, gebundene Suppen, Kartoffelpüree

bis Ende 4. Woche

Ergänzend zur vorigen Phase: weiche, leicht verdauliche Kost ohne feste Stücke/Fasern, säurearm, mild

Beispiel: gegartes nicht blähendes Gemüse, Porridge, Pell-/Salzkartoffeln, Rührei

Noch keine Rohkost!

ab 5. Woche

Umstellung auf Normalkost, schrittweises Austesten nach individueller Verträglichkeit

Empfehlungen für Ihre Ernährung nach einer bariatrischen OP

Bei den Mahlzeiten ist auf langsames Essen und gründliches Kauen der Nahrung zu achten. Beim ersten Sättigungsgefühl/Druckgefühl im Mageneingang ist die Mahlzeit zu beenden. Anfangs stellt sich das Sättigungsgefühl oft schon nach wenigen Bissen bzw. Schlucken ein, wobei die Portionsgrößen von Tagesform und Konsistenz abhängen – von eher flüssigen Speisen wie z.B. Joghurt werden i. d. R. größere Portionen vertragen als von festen Lebensmitteln.

Für die Ernährung nach einer Magen-Operation wird eine regelmäßige Mahlzeitenstruktur mit 3-4 Mahlzeiten täglich empfohlen. Ebenso sollte die Trinkmenge über den gesamten Tag verteilt werden, um eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu erreichen.

Bereits in den ersten Tagen postoperativ kann mit der Eiweißergänzung gestartet werden (s. Thema „Eiweiß“).

Welche Folgen kann es haben, wenn Sie Ihre Ernährung nach der Magen-OP nicht anpassen?

Nicht beachten der Ernährungsempfehlungen kann direkte Komplikationen wie Übelkeit, Bauchkrämpfe, Erbrechen auslösen oder zu Folgekomplikationen wie Gastritis (Magenschleimhautentzündung) oder zu einer Insuffizienz an den Nähten (Undichtigkeit) führen.

Bei Bypass-Verfahren, insbesondere Roux-Y-Bypass, ist zusätzlich das Dumping-Syndrom zu beachten, wobei hier zwei Formen unterschieden werden:

Frühdumping nach einer Magen-OP

Beim Frühdumping kommt es zu einem Wassereinstrom in das Darmlumen mit der Folge von Durchfällen und Blutdruckabfall. Die Symptome treten früh – ca. 15 bis 30 Minuten nach dem Essen – auf und äußern sich durch Druck und Schmerz im Oberbauch, Bauchkrämpfen, Übelkeit, Brechreiz, Schweißausbrüche und Kreislaufprobleme, Schwindel, Ermüdungserscheinungen. Es entsteht eine Druckverschiebung im Darm. Um diesen osmotischen Druck auszugleichen, kommt es zum Wassereinstrom in den Darm.

Empfohlen bei Frühdumping:

  • Große Portionen vermeiden  Mahlzeiten auf 6 x Tag verteilen
  • langsam Essen, gründlich Kauen
  • Essen und Trinken trennen
  • stark gewürzte oder sehr salzige Speisen vermeiden
  • sich eventuell nach dem Essen für 30 Minuten hinlegen
  • bei einem Dumping hinlegen, etwas trinken
  • eventuell Zugabe von löslichen Ballaststoffen (Pektin, Guar)

Spätdumping nach einer Magen-OP

Beim Spätdumping kommt es durch die schnelle Aufnahme von Zucker in die Blutbahn zu einem unverhältnismäßig hohen Blutzuckergehalt. Daraufhin wird von der Bauchspeicheldrüse vermehrt das blutzuckersenkende Hormon Insulin ausgeschüttet. Daher sackt nach einem kurzzeitigen zu hohem Blutzucker der Blutzuckergehalt stark ab und es kommt zu einem Unterzucker. Das Spätdumping tritt ca. 1-3 Stunden nach einer Mahlzeit auf, einhergehend mit Symptomen wie Schwächegefühl, Schwindel, Herzrasen, Zittern, Schwitzen, Reizbarkeit und Heißhunger.

Empfohlen bei Spätdumping:

  • komplexe Kohlenhydrate bevorzugen (Vollkornprodukte, Kartoffel, Gemüse)
  • Zucker meiden (süße Getränke, pure Säfte, Süßigkeiten)
  • bei einem Dumping Traubenzucker oder Getränk mit Zucker zu sich nehmen
Älterer Mann sitzt und hat Schmerzen im Bauch.

Weshalb wird nach einer bariatrischen Operation Nahrungsergänzung benötigt?

Nach bariatrischen Operationen ist die Versorgung mit Mikronährstoffen – d. h. Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen – nicht mehr ausreichend. Folgende Ursachen sind hierfür verantwortlich:

  • Verminderte Aufnahme (kleine Portionen)
  • Meiden von Lebensmitteln wegen Unverträglichkeiten
  • Mangelnde Vorverdauung im Magen durch Magensäure und dem Verdauungsenzym Pepsin (mangelnde Vorverdauung von u. a. Calcium, Vit. D3, Zink)
  • Reduzierte Sekretionsleistung für den Intrinsic-Factor im Magen (Vit. B12)
  • Bei Bypassverfahren zusätzlich Ausschaltung des oberen Dünndarmabschnitts (Duodenum, Jejunum)
  • Bei häufigem Erbrechen wegen Übelkeit oder Unverträglichkeiten besteht zudem die Gefahr eines Vitamin-B1-Mangels

Die Einnahme-Empfehlungen gelten präventiv und sind individuell mit dem behandelnden Arzt / der behandelnden Ärztin anhand der Laborbefunde abzustimmen.

Empfehlungen zur Nahrungsergänzung bei Schlauchmagen:

  • Multivitaminpräparat (RDA 100 %)
  • Calcium (als Calcium-CITRAT): 1200 mg/Tag
  • Vitamin D3 3000 i.E./Tag
  • Vitamin B12: oral 1000 µg/Tag oder i.m. 1000-3000 µg/Tag

Empfehlungen zur Nahrungsergänzung bei Bypass-Verfahren*:

  • Multivitaminpräparat (RDA 200 %)
  • Calcium (als Calcium-CITRAT): 1200-1500 mg/Tag
  • Vitamin D3 3000 i.E./Tag
  • Vitamin B12: i.m. 1000-3000 µg/Tag

RDA = Richtwert Tagesdosis
Empfehlungen gem. S3-Leitlinien 2018 „Chirurgie der Adipositas und metabolische Erkrankungen“

Ernährung mit verkleinertem Magen: Beschwerdefrei in Ihr neues Leben starten!

Nach einer bariatrischen Operation ist es wichtig, die Ernährung schrittweise an Ihre neuen Bedürfnisse anzupassen. So vermeiden Sie Komplikationen und Mangelernährung. Mit einer professionellen Ernährungstherapie erhalten Sie Unterstützung darin, ein neues Essverhalten zu erlernen und Ihre Lebensqualität nachhaltig zu steigern!

Junge Frau mit Übergewicht sitzt auf dem Sofa und lacht.

Wie kann der Eiweißbedarf in der Ernährung nach einer bariatrischen Operation gedeckt werden?

Eiweiß dient als Baustoff für Muskeln, Knochen, Organe, Haut, Haare und für Blutzellen und hat daher als Nährstoff einen besonderen Stellenwert – auch in der Ernährung nach einer Magen-OP. Die tägliche Eiweißmenge liegt bei 0,8 g/kg Körpergewicht (vom Normalgewicht ausgehend) und beträgt gesamt ca. 60-80 g/Tag. Bei vorliegenden Erkrankungen wie z.B. Niereninsuffizienz, gelten ggf. abweichende Mengen. In diesen Fällen ist eine Abstimmung mit der/dem behandelnden Ärztin/Arzt oder der/dem Ernährungstherapeutin/ Ernährungstherapeuten erforderlich.

Eiweiß setzt sich aus unterschiedlichen Bausteinen, den sogenannten Aminosäuren, zusammen, wobei in Lebensmitteln nicht immer alle Aminosäuren vorhanden sind. Neun Aminosäuren sind unentbehrlich, d. h., der Körper kann diese nicht selbst bilden – wir müssen sie mit der Nahrung aufnehmen. Um alle dieser neun Aminosäuren aufzunehmen, empfiehlt sich eine Kombination aus tierischen und pflanzlichen Eiweißen.

Geschickte Kombinationen sind:

  • Kartoffeln mit Ei
  • Kartoffeln mit Milch-/produkten
  • Getreide mit Milch-/produkten
  • Hülsenfrüchte und Fleisch

In allen Mahlzeiten ist mindestens ein eiweißreiches Lebensmittel einzuplanen. Vor allem in der Anfangszeit nach der Magen-Operation benötigt man zur ausreichenden Versorgung häufig Eiweißpräparate. Gute Präparate sind überwiegend aus Molken-/Milcheiweißen hergestellt und enthalten mindestens 80 % Eiweißanteil, d.h., in 100 g Pulver sind 80 g Eiweiß enthalten.

10 Gramm Eiweiß sind durchschnittlich enthalten in:

  • 45 g mageres Fleisch
  • 60 g Fisch
  • 75 g Quark
  • 1 Ei (Größe L)
  • 40 g Schnittkäse
  • 50 g Nüsse
  • 50 g Hülsenfrüchte
  • 70 g Tofu
  • 75 g Haferflocken
  • 130 g Vollkornbrot (2 ½ Scheiben)
Hühnerbrust und Salat liegt schön angerichtet auf einem Teller.

Wie sollte langfristig die Ernährung nach bariatrischen Operationen aussehen?

Sehr wichtig für die Ernährung nach einer bariatrischen OP ist das gründliche Kauen der Speisen. Das eigene Kauen ist besser als pürieren, da Kauen die Sättigung begünstigt und die Nahrungsaufnahme verlangsamt wird.

Ihr Essverhalten wird sich ständig ändern. Nahrungsmittel, die Sie anfangs nicht vertragen haben, können nach 1-2 Wochen wieder verträglich sein. Die Verträglichkeit von Lebensmitteln und Speisen sind individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Die langfristige Ernährungsumstellung sollte wie folgt geplant werden:

Tabelle zum Download

Langfristiger Ernährungsplan nach einer Magen-OP

Lebensmittel

Die richtige Auswahl

Die richtige Menge

Getränke

kalorienfreie Getränke wie z.B. Wasser ohne Kohlensäure, Tee, Kaffee,
ab und an stark verdünnte Saftschorle, Light-Getränke

1,5 – 2,0 l/Tag

Eiweiß

Fisch, mageres Fleisch (Bsp. Huhn/Pute ohne Haut),
fettarme Wurst (Bsp. Koch- und Lachsschinken, Geflügelbrust)

Milch- und Milchprodukte 1,5 % Fettgehalt, Magerquark, körniger Frischkäse, Naturjoghurt, Buttermilch, Schnitt- und Hartkäse bis 45 % Fett i. Tr.,

Eiweißshakes

Hülsenfrüchte (Bsp. Linsen, Erbsen, Bohnen)

60 – 80 g Eiweiß/Tag

Gemüse

Salate, Möhren, Brokkoli, Blumenkohl, Tomate, Gurke als Suppe, Salat, Rohkost, gegart

wenn möglich, 2-3 Portionen/Tag

Obst

Beeren, Apfel, Birne, …

2 Portionen/Tag

Beilagen

möglichst Vollkornprodukte (Bsp. Vollkornbrot- /brötchen, Vollkornnudeln), Haferflocken, Reis, Kartoffeln

3-4 kleine Portionen/Tag, zuerst eiweißreiche Komponente essen, Portion nach Sättigung anpassen

Fette

Nüsse (Bsp. Walnüsse, Haselnüsse, Mandeln) und Samen (Bsp. Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne)

Öle (Bsp. Rapsöl, Olivenöl, Nussöle)

Nüsse und Samen: max. 1 kleine Hand voll (ca. 25 g/Tag)

Öle: max. 20 g täglich

Süßes und Snacks

zuckerreiche Getränke, Alkohol, Fast Food, Fertiggerichte
Snacks

panierte Speisen (Bsp. Schnitzel), frittierte Speisen (Bsp. Pommes Frites),

Fettreiches (Bsp. Salami, Streichwurst, Sahne, Butter, Mayonnaise)

max. 1 Portion täglich

Tagesplanbeispiel für 60 g Eiweiß

Beispiel-Tagesplan nach Bariatrischer OP

Frühstück

Zwischendurch

Mittagessen

Abendessen

1 Scheibe Vollkornbrot
(4,5 g Eiweiß)

2 Scheiben Kochschinken
(7 g Eiweiß)

Tomate, Gurke

1) 100 g Magerquark
mit Beeren
(13 g Eiweiß)

2) 1 Stück Obst nach Wahl

100 g Hühnerbrust
ohne Haut
(24 g Eiweiß)

50 g Gemüse oder
1 Schale Salat

50 g Reis
(3 g Eiweiß)

2 Scheiben Knäckebrot
(2 g Eiweiß)

30 g Gouda 45%
(8 g Eiweiß)

Schnittlauch, Radieschen, Paprika

11,5 g Eiweiß

13 g Eiweiß

27 g Eiweiß

10 g Eiweiß

Quellen:

  1. Deutsches Ärzteblatt 2022; 119: 70-80; DOI: 10.3238/arztebl.m2021.0359, Gewichtsverlust, metabolische Veränderungen, onkologische Effekte und Nachsorge
  2. S3-Leitlinie 2018: Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen, Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie