ADHS: Definition, Diagnose und Behandlung

Unter ADHS versteht man eine Störung der neuronalen Entwicklung im Kindesalter, die sich durch Symptome wie Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität äußern kann. Nach der Diagnose von ADHS können unterschiedliche Methoden für eine individuelle Behandlung gewählt werden.

Autor:in: Tanja Kerscher

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Kategorie: Neurologische Erkrankungen

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Mädchen sitzt gelangweilt in Schule.

Was ist ADHS?

Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist heutzutage die häufigste Störung der neuronalen Entwicklung im Kindesalter. In Deutschland sowie weltweit sind etwa 5 % der Kinder und Jugendlichen betroffen, Jungen etwa 3–4 Mal so häufig wie Mädchen. Seit den neunziger Jahren konzentriert sich die Forschung außerdem zunehmend auf die Störung im Erwachsenenalter, wobei die Betroffenen häufiger desoganisiert, abgelenkt oder verwirrt sind als ihre Mitmenschen.

Es wird angenommen, dass bei ADHS die Informationsübermittlung zwischen bestimmten Hirnrealen gestört ist. Eine genetische Anfälligkeit in Wechselwirkung mit multiplen sozialen und umweltbedingten Faktoren trägt zur Entstehung und Ausprägung der ADHS-Symptomatik bei. Insbesondere prä-, peri- und frühe postnatale Umwelteinflüsse, z.B. Umwelttoxine wie Nikotin- und Alkoholkonsum, die die funktionelle Hirnentwicklung beeinflussen, spielen vermutlich eine entscheidende Rolle.

Wie wird ADHS diagnostiziert?

Eine ausführliche Diagnose sollte von Fachkräften (Psychiater:innen, Neurolog:innen, Psychotherapeut:innen) gestellt werden, dabei müssen typische Symptome bereits vor dem zwölften Lebensjahr bestanden haben und über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten aufgetreten sein. Bestätigt sich der Verdacht und ist der Betroffene in seiner Lebensführung erheblich beeinträchtigt, kann ein multimodaler, individuell abgestimmter Behandlungsplan helfen, die Symptome zu reduzieren und die Alltagsbewältigung zu erleichtern. Auch eine professionelle Ernährungsberatung bei ADHS kann zu einer Verbesserung der Symptomatik führen.

Eine junge Ärztin ist mit einer Patientin im Gespräch und macht dabei Notizen.

An diesen Symptomen ist ADHS erkennbar

Im Allgemeinen unterscheiden sich ADHS-Betroffene von Gleichaltrigen in der Art und Weise, wie sie die Welt wahrnehmen und auf sie reagieren. ADHS ist durch drei Kernsymptome gekennzeichnet:

  • Störungen der Aufmerksamkeit und Konzentration in einem altersunangemessenen Ausmaß (Unaufmerksamkeit): Dies äußert sich z.B. in leichter Ablenkbarkeit durch äußere Reize, erhöhter Vergesslichkeit bei Routinetätigkeiten oder bei der Organisation von Aufgaben und Aktivitäten.
  • Impulsives und unüberlegtes Handeln (Impulsivität): Zum Beispiel häufiges Unterbrechen und Stören anderer oder übermäßiges Reden, selbst in Situationen, in denen dies unangemessen ist.
  • Ausgeprägte körperliche Unruhe und ein starker Bewegungsdrang (Hyperaktivität): ADHS ist von häufigem Zappeln, Nichtstillsitzen-Können und Getriebensein bestimmt. Wenn das Kriterium der Hyperaktivität und gleichzeitigen Unaufmerksamkeit und Impulsivität nicht erfüllt ist, spricht man von ADS (aus Gründen der Vereinfachung wird in diesem Artikel weiterhin von ADHS die Rede sein).

Schon der Frankfurter Arzt Heinrich Hoffmann beschrieb in seinem 1844 erschienenen Kinderbuch „Der Struwwelpeter“ den Zappelphilipp, der nicht stillsitzen kann – nach heutigem Verständnis ein früher Fall von ADHS – und den Hanns-Guck-in-die-Luft, der mit seinen Gedanken meist ganz woanders ist und vermutlich an ADS litt.

Trotz grundlegender Ähnlichkeiten kann sich die Störung von Mensch zu Mensch unterschiedlich äußern. So fällt es manchen Menschen schwer, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren oder Ziele bis zum Ende zu verfolgen, während andere impulsiv und ungeduldig sind, in Gruppen stören, andere unterbrechen oder sich nicht an Regeln halten.

Zusätzlich zu den oben beschriebenen Kernsymptomen haben etwa zwei Drittel der Betroffenen Begleitstörungen, die bei der Diagnose und Behandlung berücksichtigt werden sollten. Dazu gehören Störungen des Sozialverhaltens, Angststörungen, Depressionen und Schlafprobleme.

Gut mit ADHS leben: ADHS-Symptome mit Ernährung reduzieren!

Bei einer diagnostizierten ADHS ist eine Ernährungsberatung ein wichtiger Bestandteil der multimodalen Therapie. Dabei können Nährstoffmängel und mögliche Unverträglichkeiten sowie Allergien systematisch ausgeschlossen und Symptome reduziert werden. So finden Sie schnell zu mehr Wohlbefinden im Alltag.

Mehrere gesunde Lebensmittel liegen auf einer Arbeitsplatte.

Möglichkeiten zur Behandlung von ADHS

Psychotherapie bei ADHS

Die Verhaltenstherapie unterstützt dabei, typische ADHS-Symptome und problematische Verhaltensweisen zu identifizieren. Sie zielt auf das Erlernen und Erproben von Strategien ab, die den Umgang mit störenden Symptomen und Problemen verbessern, z.B. werden Methoden zur Planung und Strukturierung des Tagesablaufs und zur Emotionsregulation vermittelt. Belastende Denk- und Verhaltensmuster werden schrittweise abgebaut und das Vertrauen in die eigenen Stärken (z.B. Kreativität, Empathie) gestärkt.

Behandlung mit Medikamenten

Medikamente können eine wichtige Ergänzung zu anderen Behandlungsansätzen sein. Eine medikamentöse Einstellung sollte stets durch einen Facharzt unter Berücksichtigung des Nebenwirkungsprofils der Handelspräparate erfolgen. Der Wirkstoff Methylphenidat führt z.B. bei circa 85 % der Behandelten zu einer Symptomreduktion, wirkt sich aber bei vielen Menschen appetitmindernd aus, was Gewichtsverlust und Nährstoffmangel zur Folge haben kann.

Ernährungsumstellung bei ADHS

Die Ernährungsweise hat einen Einfluss auf die Ausprägung der ADHS-Symptome. Ein bewährter Ansatz zur Ernährung bei ADHS ist die oligoantigene Diät, bei der auf Lebensmittel mit allergenem Potential verzichtet wird.

Sport und Bewegung

Körperliche Aktivität kann zu Verbesserungen in kognitiven Funktionen, Aufmerksamkeitsleistungen, Impulsivität und Hyperaktivität führen und somit eine ergänzende Behandlungsmethode bei ADHS darstellen.

Alltagsnahe Anpassungen

Eine entspannte, reizarme Atmosphäre trägt dazu bei, dass Betroffene sich besser konzentrieren können. Immer wiederkehrende Routinen und Rituale können Halt geben und dabei helfen, den Alltag zu strukturieren.

Beispiel: Eine Methode, um komplexe Aufgaben leichter zu bewältigen, ist die Salami-Taktik. Dabei wird ein Ziel zunächst schriftlich festgehalten, anschließend in Teilschritte untergliedert und realistisch eingeschätzt, wie viel Zeit je Schritt nötig ist und wie viele Schritte pro Tag bewältigt werden können. Dinge können so leichter zu Ende gebracht, Überforderung reduziert und Prokrastination überwunden werden.

Eine Frau macht Yoga auf einer Wiese.

Quellen:

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