Die richtige Ernährung bei ADHS

Es gibt keine Diät, die ADHS heilen kann. Eine angepasste Ernährung kann jedoch die Symptome verbessern und den Medikamentenbedarf reduzieren. Ein vielversprechender ernährungstherapeutischer Ansatz bei ADHS ist die so genannte oligoantigene Diät, die durch den Verzicht auf Nahrungsmittel mit allergenem Potenzial zu einer Besserung der Krankheitssymptome führen kann.

Autor:in: Tanja Kerscher

Veröffentlicht:

Kategorie: Gesunde Ernährung, Neurologische Erkrankungen

8 Min. Lesezeit
Junge sitzt an Schreibtisch und hält sich die Ohren zu.

So kann eine angepasste Ernährung bei ADHS helfen

Generell sollte die Behandlung von ADHS auf die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen zugeschnitten sein, was auch für die Ernährung gilt. Auch wenn eine bloße Ernährungsumstellung ADHS nicht heilen kann, deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass sich die Symptome mit der passenden Ernährung verbessern und der Bedarf an Medikamenten möglicherweise verringert werden kann.

Ernährungsdefizite, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und -allergien können ADHS-Symptome nachweislich mitverursachen oder verstärken. Daher sollte in eine umfassende Anamneseerhebung bei Menschen mit ADHS grundsätzlich der Einfluss bestimmter Nahrungs-, Genussmittel und Getränke miteinbezogen werden. Ernährungsumstellungen bei ADHS sollten stets von qualifizierten Ernährungsberater:innen oder -mediziner:innen begleitet werden, um eine ausreichende, umfängliche Nährstoffzufuhr zu gewährleisten und Mangelzustände zu vermeiden.

Eine Ernährungsberaterin spricht mit einer Patientin.

Empfehlungen für die richtige Ernährung bei ADHS

Oligoantigene Diät

Die oligoantigene Diät (Eliminationsdiät) ist ein aus ernährungswissenschaftlicher Sicht vielversprechender Therapieansatz. Ihre Integration in ein multimodales Therapiekonzept ist insbesondere dann erfolgsversprechend, wenn körperliche Reaktionen auf Speisen (z.B. Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Kopfschmerzen, Hautveränderungen, Gliederschmerzen, Entzündungen im Mund) beobachtet werden, die auf Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten hinweisen.

Bei der oligoantigenen Diät werden unter Anleitung einer Ernährungsfachkraft bestimmte Lebensmittel und Zusatzstoffe weggelassen, die häufig mit Allergien oder Unverträglichkeiten in Verbindung gebracht werden. Im Prinzip kann jedes Lebensmittel eine allergische Immunreaktion auslösen. So enthält allein Milch mindestens 25 Eiweißbestandteile mit allergenem Potenzial.
Der Einfluss allergener Komponenten auf die Mikroorganismen im Darm kann die Wechselwirkungen mit Organen und dem Gehirn verändern und so zu neurologischen Funktionsstörungen beitragen. Um verlässliche Rückschlüsse zu ziehen, sollten Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnisleistung und weitere Symptome vor und nach der Diät gemessen werden.

Die Ernährungsumstellung bei ADHS erfolgt in zwei Phasen:

  1. Diagnose-/ Auslassphase (etwa 4 Wochen): Vermeidung aller potenziell problematischer Lebensmittel, v.a. Kuhmilch(-produkte), Ei, Fisch, glutenhaltiges Getreide, Soja, Nüsse, Fertigprodukte und Zusatzstoffe (z.B. Farb- und Süßstoffe). Stattdessen werden nur Lebensmittel mit niedrigallergenem Potenzial verzehrt: Gemüse und Obst, glutenfreies Getreide, Kartoffeln, Milchersatzprodukte, weißes Fleisch. In dieser Phase regeneriert sich der Körper von eventuell vorhandenen Unverträglichkeiten, das Immunsystem und die Verdauungsprozesse normalisieren sich. Veränderungen des Verhaltens und des Befindens sind möglich.
  2. Wiedereinführungsphase (etwa 12-16 Wochen): schrittweise Wiedereinführung aller Lebensmittelgruppen in den Speiseplan. Mithilfe eines Ernährungs-Symptom-Tagebuchs sollten aufgenommene Nahrung und Getränke gemeinsam mit möglichen symptomatischen Veränderungen der ADHS protokolliert werden.

Auf der Grundlage der Ergebnisse der zweiten Phase wird eine individuelle Ernährungsempfehlung ausgesprochen, die nach etwa einem Jahr erneut überprüft werden sollte. Um Mangelernährung zu vermeiden, sollten einzelne Nahrungsmittel nur dann dauerhaft gemieden werden, wenn sich eine Unverträglichkeit bestätigt oder die ADHS-Symptome dadurch verschlimmern.

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Der Verzicht auf Lebensmittel mit einem allergenen Potential kann bei ADHS helfen, die Symptome und den Medikamentenbedarf zu reduzieren. Eine systematische Einführung verträglicher Lebensmittel führt schnell zu einer Verbesserung. Unsere Ernährungsfachkräfte beantworten gerne all Ihre Fragen und unterstützen Sie bei der Ernährungsumstellung!

Übersicht der Hauptallergene

Weitere Ernährungstipps für ADHS-Betroffene

Bislang ist die Wirksamkeit spezieller Ernährungsformen bei ADHS nicht durchgängig bestätigt, es gibt jedoch Hinweise auf positive Auswirkungen verschiedener diätetischer Maßnahmen.

Essgewohnheiten kritisch hinterfragen

Bei der Auswahl von Lebensmitteln bevorzugen ADHS-Betroffene oft – teils suchtartig – genau die Lebensmittel, die Unverträglichkeiten auslösen, typischerweise Süßigkeiten, Softdrinks, salz- und fettreiche Snacks, Fertiggerichte oder Backwaren. Diese Lebensmittel enthalten viele Kalorien, hohe Mengen an Zucker, Fett und Salz, oft Zusatzstoffe und wenig Nährstoffe.

Ausgewogene Mahlzeiten

Insgesamt ist auf eine ausgewogene und vollwertige Ernährung bei ADHS zu achten. Dabei scheinen allgemein komplexe Kohlenhydrate aus Vollkorn, Gemüse und Obst in Kombination mit eiweißreicher Kost vorteilhaft zu sein. Vollkorngetreide enthält mehr Nährstoffe als raffiniertes Getreide, Ballaststoffe und B-Vitamine, Eiweiß liefert die Baustoffe für unsere Zellen und trägt zu einer langen Sättigung bei.

Verzicht auf Zusatzstoffe

Bei einzelnen Patient:innen kann sich der Verzicht auf den Verzehr von künstlichen Farbstoffen oder anderen Lebensmittelzusatzstoffen positiv auf die Aufmerksamkeit und das Verhalten auswirken. Entscheidend ist dabei die konsumierte Menge.

Omega-3 und Omega-6

Untersuchungen deuten darauf hin, dass eine Ernährung, die reich an Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren ist, sowie die Einnahme hochdosierter Präparate die Behandlung von ADHS positiv beeinflussen könnten.

Mikronährstoffe

Für die Entwicklung normaler Gehirnfunktionen ist die ausreichende Zufuhr von Mikronährstoffen – d.h. Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen – essentiell. Im Rahmen einer ADHS-Diagnostik empfiehlt es sich, die Blutspiegel von Schilddrüsenhormonen, Vitaminen und Mineralstoffen abzuklären.

Bei ADHS-Betroffenen wurde häufig ein erniedrigter Magnesiumstatus gefunden. Bei Verabreichung von Magnesium können sich Symptome wie Übererregbarkeit, Aggressivität und Aufmerksamkeitsdefizite verbessern.

Eine ausreichende Zufuhr von Zink unterstützt Enzymaktivitäten sowie die neuronale Übertragung und kann zu einer Verbesserung von Symptomen wie Nervosität, Gedächtnisstörungen und motorischer Unruhe beitragen.

Eisen spielt eine tragende Rolle für den Sauerstofftransport im Gehirn, dient als Kofaktor u.a. für die Synthese von Dopamin und bei der Bildung von Myelin – der Schutzschicht für die Nervenzelle –, sodass der Informationsaustausch zwischen den Nervenzellen effektiv und schnell erfolgt.

Ein Vitaminmangel, der ebenfalls häufig mit ADHS in Verbindung gebracht wird, besteht bei D3 (gerade im Winter), B12, B6, B9 und Folsäure.

Probiotika

Bei ADHS-Patient:innen hat sich häufig eine reduzierte Diversität des Mikrobioms gezeigt. Probiotika könnten daher in der Behandlung von ADHS nützlich sein.

Auswahl an Lebensmitteln, die Omega-3-Fettsäuren enthalten.

Mögliche Verbesserungen in der Ernährung bei ADHS

In der folgenden Tabelle finden Sie eine Zusammenstellung einiger günstiger und ungünstiger diätetischer Maßnahmen bei ADHS.

Tabelle zum Download

Ernährungsempfehlung bei ADHS

Empfehlenswert bei ADHS

Zu vermeiden bei ADHS

Omega-3-Fettsäuren
(Leinöl, Leinsamen, Chiasamen, Walnüsse, Rapsöl, fettreiche Fische (z.B. Lachs, Makrele, Sardinen))

Zuckerreiche Speisen und Getränke
(Süßwaren, Softdrinks, gezuckerte Kakaogetränke, gezuckerte Frühstückszerealien)

Antioxidantienreiche Lebensmittel
(Grünes Blattgemüse (z.B. Spinat, Kohl), buntes Gemüse (z.B. Paprika, Tomaten), Beeren, Grüner Tee, Schokolade mit >85 % Kakaoanteil (in Maßen))

Hoch verarbeitete Lebensmittel
(Industriell hergestellte Backwaren, Salzgebäck, Fertigsoßen und -suppen, Wurst mit Farb-, Aroma- oder Konservierungsstoffen)

Proteinreiche Lebensmittel
(Eier, Fleisch/Fisch, Milchprodukte, Hülsenfrüchte, Sojaprodukte)

Zusatzstoffe
(Farbstoffe, Aromastoffe (z.B. Glutamat), synthetische Süßstoffe (z.B. Aspartam), Benzoate/Parabene, Salicylate)

Komplexe Kohlenhydrate
(Vollkornprodukte (z.B. Vollkornbrot, -nudeln, -reis), Haferflocken, Buchweizen, Amaranth, Süßkartoffeln)

Koffeinhaltige Getränke
(Kaffee, Schwarzer Tee in großen Mengen, Energy Drinks)

Zink- und magnesiumreiche Lebensmittel
(Kürbis- und Sonnenblumenkerne, Kichererbsen, Linsen, Spinat, Weizenkleie, Haferflocken, Bananen)

Fast Food und Frittiertes
(Enthalten meist große Mengen an Fett, Zucker, Salz und Zusatzstoffen, weshalb der Verzehr ADHS-Symptome verstärken kann.)

Wasser und hydrierende Getränke
(Mineralwasser, Kräutertees, Infused Water (mit Früchten, Kräutern, Gemüse aromatisiertes Wasser))

Alkohol
(Alkoholische Getränke können den Schlaf stören und ADHS-Symptome verstärken.)

Rezeptidee bei ADHS

Kichererbsen-Kokos-Pfanne mit Brokkoli und Hähnchen (oder Tofu)

 

Zutaten (für 4 Personen):

250 g       Hähnchenbrustfilet (oder Tofu)

425 g       Kichererbsen (aus der Dose oder aus dem Glas)

650 g       Brokkoli

250 g       Vollkornreis

1                Zwiebel

1                Knoblauchzehe

2 EL          Rapsöl

1 EL           Milde Currypaste und/oder etwas Kurkuma

400 ml    (ungesüßte) Kokosmilch

200 ml     Wasser

Salz, Pfeffer

 

Zubereitung:

  1. Die Kichererbsen in einem Sieb abspülen und abtropfen lassen. Brokkoli putzen und in kleine Röschen schneiden. Zwiebel und Knoblauchzehe schälen und fein hacken. Hähnchenbrust (Tofu) in kleine Würfel schneiden. Reis nach Packungsanweisung kochen.
  2. Rapsöl in einer Pfanne erhitzen. Hähnchen- oder Tofuwürfel darin einige Minuten anbraten, bis die Würfel leicht gebräunt sind. Herausnehmen und beiseitestellen. Zwiebel und Knoblauch in dem heißen Öl glasig dünsten. Currypaste/Kurkuma hinzufügen und kurz anbraten. Mit Kokosmilch und Wasser ablöschen, mit ein wenig Salz und Pfeffer abschmecken.
  3. Brokkoli zugeben, kurz aufkochen und etwa 5 Minuten köcheln lassen. Kichererbsen und Fleisch/Tofu untermischen und einige Minuten mitgaren lassen. Nach Geschmack nochmals nachwürzen und mit dem Reis servieren.

 

Guten Appetit!

Quellen:

ADHSKompaktTeam. (2023, 3. Februar). Ernährung bei ADHS: Kann die Nahrung bei Symptomen helfen? ADHS Kompakt e.V. https://adhs-kompakt.de/ernaehrung-bei-adhs/

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