Anorexia nervosa: Formen, Anzeichen und Therapie

Unter Anorexia nervosa versteht man eine Essstörung, die durch einen Gewichtsverlust, ein gestörtes Essverhalten und eine Körperschemastörung gekennzeichnet ist. Oft ist sie durch verschiedene Anzeichen im Verhalten und an körperlichen Veränderungen zu erkennen. Eine Therapie bei Magersucht ist entscheidend, um Langzeitfolgen zu vermeiden.

Autor:in: Annabel Schreiber

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Kategorie: Anorexie/Magersucht, Fehlernährung & Essstörungen

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Junge Frau steht in der Küche und bereitet einen Salat zu.

Was ist Anorexia nervosa?

Die Anorexia nervosa gehört zur Gruppe der psychischen Verhaltensstörungen gemäß ICD-10, genauer zu den Essstörungen. Sie ist durch eine Gewichtsabnahme gekennzeichnet, die von Betroffenen aktiv induziert oder aufrechterhalten wird. Häufig zu beobachten ist eine Körperschemastörung. Hierbei nehmen sich die Personen trotz des vorliegenden Untergewichts als zu dick wahr.

Welche Arten von Anorexie gibt es?

1. Anorexia nervosa: Der restriktive Typ

Bei dieser Form der Anorexie wird die Gewichtsabnahme durch ein starkes Einschränken der Nahrungsaufnahme erreicht. Der Kaloriengehalt wird so gering wie möglich gehalten, viele Lebensmittel werden gar nicht mehr verzehrt. Hinzu kommt ein exzessiver Sportdrang.

2. Anorexia nervosa: Der aktive Typ / Purging Typ

Bei dieser Form der Anorexie wird ebenfalls versucht, die Nahrungsaufnahme so gering wie möglich zu halten. Zusätzlich zu diesem Verhalten werden beim Purging Typ Appetitzügler und Abführmittel eingesetzt oder exzessiver Sport betrieben. Einige Patient:innen erbrechen nach der Nahrungsaufnahme, insbesondere wenn eine Art „Essanfall“ stattgefunden hat. So wird versucht die aufgenommenen Kalorien wieder loszuwerden.

Nicht selten entwickelt sich ein restriktiver Typ im Verlauf der Krankheit zum aktiven Typ, da es schwierig ist, diese geringe Energiemenge langfristig ohne Essanfall aufrecht zu erhalten.

Die Prävalenz von Anorexie in Deutschland

Im Jahr 2020 wurden in Deutschland rund 7200 Personen mit einer Anorexie diagnostiziert, die Dunkelziffer scheint aber deutlich höher.

Studien zeigen: Frauen sind deutlich stärker betroffen. Von 1000 Frauen erkranken in etwa 14 an einer Anorexie. Bei Männern ist die Prävalenz geringer, hier erkranken von 1000 Personen etwa zwei an der Essstörung.

Die Anorexie beginnt häufig im Jugendalter zwischen 12 und 14 Jahren, sie tritt aber auch zu späteren Zeitpunkten (zwischen 40 bis 60 Jahren) auf. Die Betroffenen sind häufig sehr leistungsorientiert. So betreiben sie Sport auf hohem Niveau oder sind in der Schule überdurchschnittlich gut.

Frau sitzt am Tisch und hat eine Schale mit Salat vor sich stehen.

Typische Anzeichen und Symptome einer Anorexie

  • Nicht selten beginnt der Weg in eine Magersucht mit einer Diät, die einem dazu verhelfen soll, wenige Kilogramm Gewicht zu verlieren. Aus dieser Gewichtsreduktion entwickelt sich dann der beschriebene Teufelskreis, der schwer zu durchbrechen ist.
  • Der Gewichtsverlust ist häufig das erste Anzeichen, welches von Freunden und Familie bemerkt wird.
  • Essen wird zu einem Thema, welches oft in Streit endet. Die Betroffenen sind schnell gereizt und fühlen sich angegriffen.
  • Ausschluss von Nahrungsmitteln, insbesondere kalorienreichen Speisen wie Süßigkeiten oder Fertiggerichte. Dieses Auslassen von Lebensmitteln nimmt im Verlauf der Krankheit häufig zu, sodass immer weniger Lebensmittel im Speiseplan integriert werden
  • Es herrschen Ernährungsregeln: Langsames Essen, den Teller nie leer essen, extreme Verkleinerung der Portionsgrößen, Kalorienzählen, Unterteilung der Speisen in viele Bissen.
  • Die Mahlzeit wird i.d.R. selbst zubereitet, um über die Inhaltsstoffe und Kaloriengehalte genau Bescheid zu wissen.
  • Soziale Isolation, insbesondere bei Gelegenheiten, in denen das Essen im Vordergrund steht: gemeinsame Mahlzeiten, Einladungen, Restaurantbesuche, Treffen mit Freunden.
  • Einsatz von Appetitzüglern, Fatburnern, Abführmitteln
  • Exzessiver Sport wird betrieben
  • Die Betroffenen selbst sehen sich häufig als zu dick an und haben Angst vor einer Gewichtszunahme, auch wenn für Angehörige klar ist, dass ein Untergewicht besteht.

Welche seelischen und körperlichen Folgen kann eine Anorexie haben?

Im späteren Verlauf können neben den oben genannten Symptomen auch verschiedene Folgen der Magersucht auftreten wie:

  • Ausbleiben der Periode (= Amenorrhoe)
  • Häufiges Frieren
  • Konzentrationsprobleme
  • Haarausfall, trockene Haut
  • Verlangsamter Herzschlag
  • Niedriger Blutdruck
  • Osteoporose
  • Herzrhythmusstörungen
  • Ein Flaum auf Gesicht und Körper (Lanugobehaarung)
  • Potenzprobleme

Die Ursachen von Anorexie: Warum entsteht Magersucht?

Die Ursachen einer Anorexie können unterschiedlich verwurzelt sein. Teils kann eine genetische Disposition, z.B. in Form einer familiären Häufung vorliegen.

Zum Großteil liegt die Pathogenese in sozialen Faktoren, wie zum Beispiel dem gegenwärtigen Schlankheitsideal, verankert. Schlank zu sein oder bestimmte Körperproportionen zu erfüllen, gilt in der westlichen Welt als „schön“. Gerade junge Erwachsene, deren Selbstwert noch nicht voll ausgereift ist, sind anfällig. Aber auch Idole im Sport oder in den sozialen Medien (Influencer:innen, Castingshows u.v.m.) erhöhen den Druck, ein bestimmtes Schema zu verkörpern.

Ebenso kann der Vergleich unter Freund:innen und Gleichaltrigen die Tendenzen einer Anorexie verstärken. Bei einigen Betroffenen ist die Anorexie aber auch als ein Resultat zu sehen, welches durch Mobbing, Traumen oder anderweitige psychische Störungen entstanden ist.

Umgang mit Anorexia nervosa: Finden Sie zurück zu gesundem Essverhalten!

Eine Anorexie kann mit einer multimodalen Therapie erfolgreich behandelt werden. Mit einer individuellen Ernährungstherapie unterstützen Sie nicht nur die Genesung von der Essstörung, sondern vermeiden auch Folgeerkrankungen. So gewinnen Sie Ihre Lebensqualität zurück!

So wird Anorexia nervosa diagnostiziert

Die Diagnose für Anorexie stellt in der Regel der/die Arzt/Ärztin. Hierbei sind verschiedene Untersuchungen möglich. Es findet eine ausführliche Anamnese bzgl. der Krankheitsgeschichte, dem Essverhalten, der Gewichtshistorie, dem Familienalltag oder anderen psychischen Faktoren statt. Dies kann durch Fragebögen unterstützt werden. Hier ist auch eine interdisziplinäre Arbeit zwischen Therapeuten:innen und Ärzt:innen möglich. Gewicht, BMI oder auch ein Blutbild werden zur körperlichen Untersuchung ermittelt.

Bei Verdacht auf Folgeerkrankungen (z.B. einer Osteoporose) werden weitere Untersuchungen (z.B. die Knochendichtemessung) durchgeführt. Zudem müssen alternative Gründe für den Gewichtsverlust ausgeschlossen werden. Dies kann beispielsweise eine andere Essstörung, wie die Bulimie sein, aber auch Depressionen, Appetitverlust oder körperliche Erkrankungen wie eine Schilddrüsenüberfunktion.

Anzeichen, die eine Anorexie bestätigen können, sind z.B.:

  • Ein BMI < 17,5 kg / m²
    • Bei Kindern und Jugendlichen nutzt man hierfür die BMI-Perzentilkurven.
  • Der Gewichtsverlust ist aktiv herbeigeführt.
  • Das Essverhalten ist eingeschränkt, bspw. durch den Verzicht von kalorienreichen Speisen.
  • Es werden Maßnahmen wie der Gebrauch von Abführmitteln, Appetitzüglern o.Ä. eingesetzt.
  • Es liegt ein Kompensationsverhalten vor, z.B. Erbrechen oder übermäßiger Sport.
  • Das Selbstbild einer Verzerrung liegt vor: die Person sieht sich dicker, als sie ist und hat große Angst davor, an Gewicht zuzunehmen.

Therapieansätze für Anorexie: Was kann man gegen Magersucht tun?

  • Psychotherapie
    • Hier werden Auslöser, Ursachen, Traumen oder andere Aspekte thematisiert, die essenziell zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Essstörung beitragen.
  • Sozialpädagogische Betreuung
    • Dieser Ansatz ist hilfreich für Betroffene, die Isolation erleben und eine Reintegration in Schule oder Arbeitsplatz benötigen.
  • Ambulante Therapie
    • Hier können Betroffene im gewohnten Umfeld bleiben und die Therapie von zuhause aus wahrnehmen.
  • Stationäre Therapie
    • Hier werden Betroffene in eine auf Essstörungen spezialisierte Klinik aufgenommen, die interdisziplinäre Hilfe anbietet. Dies kann die geeignete Form für schwere Ausprägungen der Anorexie sein.
  • Tagesklinik / Teilstationäre Angebote
    • Hier verbringt man den Tag in der jeweiligen Einrichtung, schläft jedoch zuhause.
  • Ernährungstherapie
    • Im Rahmen einer Ernährungstherapie können Betroffene wieder ein normales Essverhalten lernen.
Eine Frau sitzt an einem Schreibtisch mit mehreren Bildschirmen und hat ein Headset auf. Sie kommuniziert mit ihrem Gegenüber.

Literaturverzeichnis:

Wissen: Ratgeberbeiträge von Annabel Schreiber

  • Ernährungsberatung als Therapie bei Anorexie

    Bei einer Anorexie ist nicht nur die Gewichtszunahme, sondern auch die Rückkehr zu einem gesunden Essverhalten entscheidend. Ein gemeinsam erarbeiteter Essensplan kann Magersüchtigen dabei helfen, ihre Ernährung während und nach der Anorexie umzustellen und so die Essstörung zu überwinden. Ein behutsames Vorgehen ist dabei von großer Bedeutung.